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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Schriftformheilungsklauseln in Mietverträgen generell für unwirksam erklärt. Damit sind ist Mehrheit der lang laufenden Mietverträge, wie sie bei Mietverträgen für gewerbliche Räume sehr verbreitet sind, formwidrig und damit unzulässig.

Schriftformheilungsklauseln wurden in gewerblichen Mietverträgen bisher sehr häufig vereinbart und konnten z.B. so aussehen:

„Den Mietvertragsparteien sind die besonderen gesetzlichen Schriftformerfordernisse der §§ 550, 126 BGB bekannt. Sie verpflichten sich hiermit gegenseitig, auf jederzeitiges Verlangen einer Partei alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis Genüge zu tun, und den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform vorzeitig zu kündigen.“

Solche Klauseln in gewerblichen Mietverträgen hat der Bundesgerichtshof nun für generell unwirksam erklärt.

Die Begründung:
Solche Klauseln laufen dem Sinn und Zweck des Gesetzes entgegen, welches eine Schriftform vorschreibt. Wenn mündliche Abreden dennoch gelten sollen, weil sie nachträglich verschriftlicht werden müssen, werde die im Gesetz enthaltene bewusste gesetzgeberische Entscheidung für die Schriftform in unzulässiger Weise umgangen.

Die Folge:
Jede Vertragspartei eines Vertrages mit einer unwirksamen Klausel kann einen langfristigen Mietvertrag unter Berufung auf einen Mangel der Schriftform vorzeitig aufkündigen – die Möglichkeit besteht daher sowohl für den Mieter, als auch für den Vermieter. (BGH, 07.11.2017 – Az. XII ZR 114/16)

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Quelle: KfW Starthothek, Bundesgerichtshof, eigene Recherchen

Einzelhandel, Gastronomie, Friseur: In vielen Unternehmen wird bis heute vielfach mit Bargeld bezahlt. Das Finanzgericht Münster hat in einem Urteil zur Kassenführung in einem Friseurbetrieb nun typische Mängel beim Einsatz von Kassensystemen aufgezeigt (Az. 7 K 3675/13 E,G,U) und die Kassenführung neu definiert. Werden vom Finanzamt Fehler in den Kassenaufzeichnungen festgestellt, sind diese unwirksam und es kommt zu Zuschätzungen bei Umsatz und Gewinn. Im Fall des Friseurbetriebs sind verschiedene Fehler auch dem Gericht aufgefallen:

Fehlende Programmierprotokolle

Dem Betrieb fehlten die ausgedruckten Programmierprotokolle der PC-Kasse, anhand derer Manipulationen an der Kasse hätten ausgeschlossen werden können. Das Gericht hat festgestellt, dass solche Unterlagen aufbewahrt werden müssen. Außerdem muss regelmäßig geprüft werden, ob die Kassensysteme den Anforderungen der Finanzverwaltung genügen.

Fehlende Trinkgeldaufzeichnungen

Die Trinkgelder des Unternehmers wurden in einem Sparschwein gesammelt und am Ende des Monats in die Kasse gebucht. Dies ist fehlerhaft. Richtig ist es, die Gelder als umsatzsteuerpflichtige Einnahmen täglich in der Kasse zu erfassen.

Fehlende Nummerierung der Kassenberichte

In der PC-Kasse wurden die Bareinnahmen getrennt nach Verkauf, Herrensalon und Damensalon sowie die Ausgaben erfasst. Eine fortlaufende Nummerierung enthalten die Kassenberichte nicht, dies ist jedoch erforderlich, damit die Kassenberichte anerkannt werden.

Da auch Kontrollrechnungen des Prüfers zu den Umsätzen (Erlösverprobung) nicht mit den angegebenen Umsätzen des Friseursalons übereinstimmten und der Unternehmer diese nicht erklären konnte, durfte das Finanzamt von Ungereimtheiten ausgehen und die Umsätze durch Zuschätzungen korrigieren.

Das Urteil ist auf den Internetseiten der Justiz NRW verfügbar.

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Quelle: KfW Starthothek, Finanzgericht Münster, eigene Recherchen

Selbstständige, ihr Einkommen mit dem Arbeitslosengeld II (Hartz IV) aufstocken, können nach einem aktuellen Urteil des Landessozialgericht Rheinland-Pfalz auf mehr Geld hoffen.

Bisher bildete die Grundlage für die Berechnung der Unterstützungsleistung das Einkommens der letzten sechs Monate vor der Beantragung. Die Richter stellten jetzt fest, dass dieser Zeitraum bis auf zwölf Monate ausgedehnt werden kann. (Az.: L 6 AS 611/11)

Im vorliegenden Fall stellte die Klägerin hochhitzefeste Produkte für Industriebetriebe her. Dabei erfolgten die Aufträge und Einkünfte nur unregelmäßig an drei bis vier Monaten im Jahr. Die Klägerin beantragte daher eine Aufstockung in Form von Hartz-IV bzw. Arbeitslosengeld II (ALG II). Der Antrag wurde vom Jobcenter bewilligt, allerdings fiel die Unterstützung niedriger als erwartet aus. Bei der Berechnung der Leistungshöhe hatten die Mitarbeiter des Jobcenters genau den sechsmonatigen Zeitraum herangezogen, in denen die Einnahmen gerade höher waren. Hiergegen ging die Klägerin gerichtlich vor, denn nach ihrer Auffassung hätte das Jobcenter einen Zeitraum von zwölf Monaten berücksichtigen müssen.

Dieser Argumentation schlossen sich die Richter an. Zwar sei bei der Berechnung des ALG II grundsätzlich auf einen Bewilligungszeitraum von sechs Monaten abzustellen. Allerdings müsste für Unternehmen mit unregelmäßigen Einkünften die gesetzliche Ausnahme greifen.

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Das Landgerichts Bamberg hat in einem aktuellen Urteil (Az.: 1 HK O 29/12) entschieden, dass im Impressum eines Online-Shops nur solche Kommunikationswege angegeben werden dürfen, die eine schnellstmögliche Beantwortung der Kundenanfragen gewährleisten. Danach beträgt bei E-Mailadressen beträgt die Antwortzeit nur maximal eine Stunde.

Im vorliegenden Fall hat ein Online-Händler von Grillzubehör seine Ware auch auf der Verkaufsplattform ebay angeboten. Im Impressum veröffentlichte er keine Telefonnummer sondern lediglich die Anschrift und die E-Mail-Adresse. Ein Mitbewerber sah darin einen Wettbewerbsverstoß und erwirkte eine einstweilige Verfügung.

Durch einen Widerspruch landete der Fall vor dem Landgerichts Bamberg und wurde von den Richtern abgewiesen. Betreiber von Online-Shops seien gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 des Telekommunikationsgesetzes (TMG) dazu verpflichtet, im Impressum bzw. der sog. Anbieterkennzeichnung eine Kommunikationsmöglichkeit für den Kunden anzugeben. Zusätzlich müssen diese Angaben eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation sicherstellen. Nach Ansicht der Richter sei die Angabe einer Telefonnummer nicht zwingend erforderlich, jedoch müsste bei bloßer Angabe der Post- und E-Mail-Adresse ein anderer schneller Kommunikationsweg angeboten werden, der es ermöglicht, innerhalb eines Zeitrahmens von maximal 60 Minuten auf entsprechende Kundenanfragen zu reagieren. Dieses könnte zum Beispiel durch eine elektronische Anfragemaske geschehen.

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Gewinne aus Pokerturnieren unterliegen der Einkommensteuer, wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten mit guten Erfolgsaussichten an den Turnieren teilnimmt und wiederholt Gewinne erzielt hat. Dies hat das Finanzgericht Köln jetzt entschieden.

Im vorliegenden Fall hatte ein Flugkapitän geklagt, der seit vielen Jahren an Pokerturnieren teilnimmt und in den letzten Jahren Preisgelder im sechsstelligen Gesamtwert erzielt hat. Das Finanzamt hatte diese als Einkünfte aus Gewerbebetrieb besteuert und begründete dieses mit der berufsmäßigen Teilnahme an den Turnieren.

In der Verhandlung ging es dabei vor allem um die Frage, ob beim Pokern das Glück oder das Geschick überwiegt. Der Vertreter der Finanzverwaltung verglich das Pokerspiel mit einer sportlichen Auseinandersetzung, bei der derjenige mit den besten analytischen und psychologischen Fähigkeiten gewinne. Der Kläger argumentierte, dass das Kartenglück entscheide.

Die Richter des Finanzgerichtes wiesen die Klage ab (Aktenzeichen: 12 K 1136/11). In der Urteilsbegründung hieß es,  dass die Gewinne eines Pokerspielers jedenfalls dann der Einkommensteuer unterliegen, wenn er regelmäßig über Jahre hinweg erfolgreich an namhaften, mit hohen Preisen dotierten Turnieren teilnimmt. Zusätzlich sei entscheidend, ob der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten mit guten Erfolgsaussichten an renommierten Pokerturnieren teilnehmen könne und wiederholt Gewinne erziele.

Gegen dieses Urteil ist die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen, wir werden Sie hier auf dem Laufenden halten.

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Das Finanzgericht Düsseldorf hat in einem aktuellen Urteil (Az.: 7 K 87/11) entschieden, dass einfache Arbeitsecken im Wohnzimmer nicht steuerlich abzugsfähig sind.

Im vorliegenden Fall hatte sich ein selbstständiger Architekt neben zwei Büroräumen und einem Kellerraum als Archiv eine Arbeitsecke im Wohn- und Esszimmer seiner Wohnung eingerichtet. Dabei machte er die Mietkosten für die vorgenannten Räume als auch die anteiligen Aufwendungen für die Arbeitsecke steuerlich geltend. Das Finanzamt stellte im Rahmen einer Betriebsprüfung fest, lediglich die Büro- und Kellerräume abzugsfähig seien und die Arbeitsecke dem privaten Bereich zuzuordnen sei.

Dagegen klagte der Architekt und verlor. Nach Ansicht der Richter lässt das Gesetz nur den Abzug eines Arbeitszimmers zu, nicht aber einer Arbeitsecke. Darüber hinaus erklärten die Richter, dass ein häusliches Arbeitszimmer ein Raum ist, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und ausschließlich der Erledigung beruflicher Tätigkeiten diene. Die nur teilweise beruflich genutzte Ecke eines privaten Wohn- und Esszimmers reiche dafür nicht aus.

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Das Oberlandesgerichts Celle (OLG) hat in einem aktuellen Beschluss (Az.: 9 W 37/12) entschieden, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eine unbeschränkt haftende Gesellschafterin (Komplementärin) einer Kommanditgesellschaft (KG) sein kann und somit auch in das Handelsregister eingetragen werden kann.

Im vorliegenden Fall hatte das Registergericht beim Amtsgericht Tostedt ursprünglich den Antrag einer Kommanditgesellschaft auf Eintragung in das Handelsregister zurückgewiesen. Nach Auffassung des Gerichts darf eine GbR nicht als Komplementärin einer KG eingetragen werden.

Dieser Auffassung widersprachen die Richter des OLG und beriefen sich dabei auf zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2001. Hier wurde sowohl die Rechts- und Parteifähigkeit der GbR geklärt, als auch die Eintragungsfähigkeit einer GbR als Kommanditistin einer Kommanditgesellschaft bejaht.

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Hinweis in eigener Sache: Dieser Fachbeitrag von uns wurde auch auf dem regionalen Wirtschaftsportal business-on hamburg veröffentlicht.

Quelle: Oberlandesgericht Celle (OLG)

Nach einem aktuellen Urteil des Sozialgerichts Stuttgart (Az.: S 19 AS 3136/12 ER) benötigen Selbstständige, die zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes Arbeitslosengeld II (ALG-II), nicht ohne Zustimmung des Jobcenters für längere Zeit verreisen.

Im dort verhandelten Fall war eine Journalistin regelmäßig zur Vorstellung ihrer Bücher, zu Recherchen und Führungen auf einer Nordseeinsel und hatte jeweils für diese Aufenthalte eine Genehmigung beim Jobcenter beantragt. Das zuständige Jobcenter lehnte dies jedoch mit der Begründung ab, dass sie die für das Jahr zu stehenden 21 Urlaubstage bereits aufgebraucht hatte. Da die Journalistin trotzdem fuhr, hob das Jobcenter die Bewilligung auf.

Die Klage vor dem Sozialgerichts Stuttgart war erfolglos, denn in der Urteilsbegründung hieß es, dass ALG-II-Empfängern keine Leistungen zustehen, wenn sie sich ohne Zustimmung des Jobcenters außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs aufhalten und damit dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Darüber hinaus konnte die Journalistin nach Ansicht der Richter nicht die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht vorlegen und daher sei der Aufenthalt nicht als zulässige berufsbedingte Ortsabwesenheit, sondern als Urlaub zu werten.

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Nach einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: II ZR 256/11) geht hervor, dass es zu einer persönlichen Haftung des Geschäftsführers führen kann, wenn eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) den falschen Rechtsformzusatz „GmbH“ führt.

Im konkreten Fall hatte ein Bauunternehmen mit der Bezeichnung „H- GmbH.u.G. (i.G.), M. H.“ Fassadenarbeiten angeboten, die jedoch nicht zu Ende gebracht wurden. Der Auftraggeber verklagte daraufhin den alleinigen Geschäftsführer der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) und war erfolgreich. In der Begründung meinten die Richter, dass wenn gegenüber dem Vertragspartner der Anschein erzeugt wird, er schließe den Vertrag nicht mit einer Unternehmergesellschaft, sondern mit einer GmbH ab, haftet der Handelnde persönlich. Zudem bemängelten die Richter in ihrem Urteil auch die falsche Schreibweise der Firma, denn eine Unternehmergesellschaft müsse in der Firma die Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ führen. Eine Abkürzung bzw. ein Weglassen des Zusatzes „(haftungsbeschränkt)“ ist nicht zulässig.

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Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (Az.: X R 18/09) müssen Kleinunternehmer, die ihren Gewinn mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ermitteln ihrer Einkommensteuererklärung auch das ausgefüllte amtliche Formular „Anlage EÜR“ hinzufügen.

Im verhandelten Fall hat ein Unternehmer (Schmied) seinen Gewinn für das Jahr 2006 durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ermittelt. Seiner Einkommensteuererklärung fügte er eine durch DATEV-Software erstellte EÜR bei, wobei er das Steuerformular „Anlage EÜR“ jedoch nicht ausfüllte, da es hierfür seiner Meinung nach keine gesetzliche Verpflichtung gebe.
Dieser Auffassung folgten die obersten Finanzrichter jedoch nicht und urteilten, dass den Steuererklärungen die Unterlagen beigefügt werden müssen, die nach den Steuergesetzen vorzulegen sind. Dazu gehöre auch die Anlage EÜR.

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